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Teeverordnungen

Das Rezeptieren von losen Drogen kann heute getrost als typisches Heilpraktikerverfahren bezeichnet werden.

Relativierung der Toxizität

Immer wieder wird über die „Gefahren“ mit dem Umgang von Kräutern in der Presse „aufgeklärt“, So veröffentlichte die amerikanische Familienzeitschrift „Living Today“ einen Artikel von Dr. Walter H. Lewis von der Washington University, in dem über die Schockgefahr beim Kamillentee und das Auftreten von Durchfällen bei Sennesblättern hingewiesen wurde. Der Autor empfahl die Gründung eines Meldesystems für Vorfälle in der Kräutertherapie bei der staatlichen Zentrale für Krankheitskontrolle in Atlanta, Georgia (Government Centre of Disease Control).

Es ist eine falsche Angabe, dass Kamillentee bei Heuschnupfenleidenden einen heftigen Schock (severe shock) verursacht und das Auslösen von Durchfällen bei den antrachinonhaltigen Pflanzen ist sogar erwünscht. Allerdings sind letztere Pflanzen nicht für eine Langzeitanwendung gedacht und es kommt bei der Anamnese immer wieder zur Sprache, dass Sennesblätter oder Faulbaumrinde über Jahre regelmäßig in Selbstmedikamentation eingenommen werden, weil sie ja „rein pflanzlich“ sind.

Die „Gefahr“ ist gesplittet zu sehen. Wir können auf eine Jahrhundertalte Tradition in der Teeverordnung zurückblicken. Sie sind, auch wenn häufig nicht wissenschaftlich bewiesen, über Generationen von Therapeuten erprobt worden und verfügen daher häufig über einen besseren Wirknachweis als die synthetischen Medikamente, welche selten lange genug getestet worden sind um die Gewissheit zu geben, wie sie sich immenschlichen Organismus verhalten. Ich darf an dieser Stelle daran erinnern, dass es trotz vorgenommener Rattenversuche einen Contergan-Skandal gegeben hat und dass jahrelang das synthetische Hormon Diethylstibesterol (DES) Schwangeren zur Verhütung eines vorzeitigen Aborts verschrieben wurde, bis sich in der nächsten Generation als „Nebenwirkung“ Scheidenkrebs bei Mädchen und Unterentwicklungen im Genitalbereich bei Jungen herausstellte. Auf der anderen Seite ist eine kritiklose Selbstmedikamentation nicht zu unterstützen. Pflanzentherapeutika haben toxische Aspekte in sich und sollten daher primär in die Hand eines erfahrenen Therapeuten.

Substitutionsverfahren

Die Verabreichung von Tees als eine Darreichungsform der Phytotherapie fällt unter die Substitutionsverfahren. Dies bedeutet, dass ein Zuwenig nichts oder nur geringe Veränderungen bringt, die richtige Menge den therapeutischen Erfolg erzielt oder unterstützt und ein Zuviel Vergiftungserscheinungen hervorrufen. Dadurch können auch unerwünschte Nebeneffekte auftreten. Sie sind einzuteilen in

akut toxische Erscheinungen

Diese sind in der Teeverabreichung eher selten. Die Menge der zu verabreichenden Droge müsste als Einzeldosis dermaßen überdosiert sein, dass der Patient Vergiftungserscheinungen angibt.

chronisch toxische Erscheinungen

Hierbei ist die angegebene maximale Tagesdosis nicht überschritten, aber die Droge wird über einen zu langen Zeitraum eingenommen. Dies ist in der Phytotherapie nicht selten, häufig in einer falsch verstandenen Selbstmedikamentation, zu finden.

allergische Reaktionen

Die bei Teedrogen eher als harmlos zu bezeichnenden Reaktionen allergischer Art kommen vor und sind durch den Ausschluss der Note zu beseitigen.

Unverträglichkeiten, paradoxe Reaktionen

In der Medizin ist nichts unmöglich. Äußerungen wie, „Das kann nicht davon kommen“, sind falsch. Gibt der Patient neue oder ein verstärktes Krankheitsbild seit der Einnahme der Rezeptur an, ist ein Zusammenhang möglich. So kann sich das Bild von Unruhe unter der Gabe von Baldrian durchaus verschlechtern, vor allem, wenn die Zustände endogener Art sind. Auch hierbei muss die Noxe ausgeschaltet und auf eine Droge mit ähnlichem Indikationsindex zurückgegriffen werden.

Der volle Pflanzenanteil in der Teedroge

Die Anwendung von losen Drogen hat den Vorteil im Vergleich zu vielen phytotherapeutischen Fertigprodukten, dass die vollen Pflanzenanteile verwendet werden. Hierbei kommen alle Inhaltsstoffe, ob primäre oder sekundäre, Coeffektoren und Precursoren zur Wirkung. Wichtig ist natürlich, dass der therapeutische Wirkstoff wasserlöslich ist. So haben unter anderem Amara, Glycoside, Gerbstoffe, Harze und Balsame eine sehr hohe Löslichkeitsquote, Salze und Immunstoffe eine geringere. Wichtig ist für die Dosierung, dass eine Wasserlöslichkeit überhaupt vorliegt.

Menge

Die Menge von Phytotherapeutika richtet sich nach deren toxischen Schwelle, sowie nach dem Alter, Geschlecht und der körperlichen Beschaffenheit des Patienten. Mite-Pflanzen verfügen über eine hohe toxische Schwelle und können in der Regel in größeren Mengen dosiert werden, Forte-Pflanzen haben eine niedrige toxische Schwelle und sind somit in geringer Dosis zu verwenden. Häufig fallen letztere unter die Rezeptpflicht oder sind als lose Droge gar nicht auf dem Markt. Hinweise geben schon die literarisch angegebenen Trivialmaße, wie 1/4 Teelöffel oder aber 2 Esslöffel auf 150 ml Wasser.

Darreichungsformen

Als milde Form der Teeanwendung zählt der Infus, als stärkere der Dekokt. Unter einem Infus versteht man die Überbrühung mit heißem Wasser und, wenn nicht anders beschrieben, ein Ziehenlassen von ca. 10 Minuten bei abgedeckter Tasse. Der Dekokt ist eine Abkochung, welcher in Langzeit- und Kurzzeitdekokt eingeteilt wird.Ersterer wird 3 bis 5 Minuten geköchelt, letzterer bis zu 20 Minuten. Hierbei ist die Abdeckung besonders wichtig, damit Wasser und Inhaltstoffe nicht nach außen verdampfen. Die Entscheidung, ob ein Infus oder ein Dekokt angewendet wird, fällt nicht nur die Stärke des anzuwendenden Tees, sondern auch das Pflanzenmaterial. Blätter und Blüten werden häufig überbrüht, festere Pflanzenanteile häufig geköchelt. Als letztes sei noch die Mazeration erwähnt. Hierbei handelt es sich um einen Kaltauszug, indem die angegebene Drogenmenge über ca. 8 Stunden mit kaltem Wasser abgedeckt angesetzt wird. Hier gehen vor allem enzymatische Anteile nicht verloren. In manchen Fällen werden Mazerationsteilinfuse oder Mazerationsteildekokte angegeben. Dabei wird die angegebene Menge Droge in zwei Hälften geteilt. Aus einem Teil ist ein Infus oder ein Dekokt anzufertigen, aus dem anderen eine Mazeration. Beide so gewonnen Inhaltsstofflösungen sind getrennt zu trinken oder, bei einer Abkühlung des Infuses oder Dekoktes auf ca. 40 0 C, können beide Anteile zusammengeschüttet werden. Thermolabile und hitzestabile Anteile kommen sich so nicht in die Quere.

Aktiver Anteil des Patienten am Genesungsprozeß

Bei der Teeanwendung ist der Patient gefordert, aktiv an seinem Therapieprozess teilzunehmen. Außerdem ist eine gewisse Zufuhr an Flüssigkeit gewährleistet, an der es häufig hapert. Viele Verordnungen können als Tagesdosis des Morgens angefertigt werden und in einer Thermoskanne aufbewahrt werden. Allerdings muss die Struktur des Patienten es auch zulassen, dass mit Tees therapiert werden kann. So ist die Chance bei einem achtzigjährigen Witwer, der in seiner Generation noch gewohnt war, dass für alle Kochvorgänge seine Frau verantwortlich war, sehr gering, dass dieser sich regelmäßig Tees zubereitet. Die Packung steht dann im Küchenschrank – und da bleibt sie auch.Weiterhin wird der gestresste Managertypus nicht die Zeit aufwenden, Tees zu kochen, es sei denn, seine Sekretärin übernimmt dies für ihn. Auf der anderen Seite ist es auch ein erzieherischer Aspekt, dass durch aktive Mithilfe an seiner Gesundung mehr Zeit für die eigene Person aufgewendet wird.

Einnahmerichtlinien

Am wirksamsten ist der Tee, wenn er tagsüber schluckweise getrunken wird. Mit einem stündlich, schluckweisen Einnehmen werden nur kleine Mengen zugeführt; die Wirkung wird dadurch gleichmäßiger und anhaltender. Große Mengen in längeren Zeiträumen genommen, werden oft nicht genügend verarbeitet und die Wirkung geht teilweiseverloren. Angegebe Dosen können nach dem Empfinden des Patienten weiter hoch- oder herabgesetzt werden. Überall, wo die Schweißabsonderung gefördert werden soll, z. B. bei Erkältungskrankheiten, soll der Tee heiß getrunken werden. Fieberkranke ziehen meist den kühleren Tee vor.

Als Daumenregel kann man zu den in der Literatur angegebenen Mengen sagen:

  • Schwerkranke oder Kinder unter 14 Jahren sollten die Hälfte der angegebenen Drogenmenge erhalten.
  • Kinder unter 8 Jahren sollten bis zu einem Viertel verabreicht bekommen.

Grenzen der Teeverordnung

Die Grenzen in der Teeverordnungen liegen auf der Hand. Sie sind zwangsläufig dort, wo die benötigten Inhaltsstoffe in nicht genügender therapeutischer Form zugeführt werden können. Weiterhin dort, wo die Zufuhr zwar ausreichen würde, jedoch starken Schwankungen unterworfen und eine standardisierte Phytotherapie stattdessen vorzuziehen wäre. Dies ist beispielsweise bei einem der Fall. Weiterhin der schon erwähnte Aspekt der Wasserlöslichkeit. Dieser ist sehr gering oder gar nicht gegeben bei Aesculus, Gingko, Kava-Kava, Chelidonium, Agnus castus und Echinacea. Viele dieser Inhaltsstoffe sind per Spezialverfahren zu gewinnen und in anderer Galenik zu verabreichen.

Gesetz der Abwechslung

Der Mensch unterliegt dem Gesetz der Abwechslung in gesunden und kranken Tagen. Jeder Raucher weiß, dass die ersten Versuche ungemein heftig wirkten, erst allmählich tritt Gewöhnung ein. Um diesen Gewöhnungseffekt in der Therapie zu vermeiden, sollten die Teezubereitungen, soweit es die zu lösenden Inhaltstoffe zulassen, im Dreitagesrhythmus als Infus und Dekokt verabreicht werden. Wenn es die Therapie zulässt, werden klassisch drei Aussetzungstage eingeschoben.

Simplicum oder Compositum

Zubereitungen in der Teeverordnung können als Einzeldroge (Simplicum) oder als Mischung (Compositum) verabreicht werden. Da auch bei einer Monopräparation eine Droge in der Regel unterschiedliche Wirkstoffe aufweist, wird selten nur ein Erfolgsorgan angegangen, sondern Organgruppen. Dies ist in der Mischung noch mehr gegeben. Eine Teerezeptur sollte übersichtlich sein. Häufig reichen Verordnungen von vier bis sechs losen Drogen aus. Auch sollte darauf geachtet werden, dass eventuelle Exoten in ganz geringer Grammzahl wenn möglich durch gängige Drogen ersetzt oder ganz weglassen werden. Die Schwierigkeit hat der Apotheker bei der Zusammenstellung und der Patient wird ungehalten, wenn mehrere Apotheken diese Pflanze als nicht beschaffbar angeben. Von Spezialrezepturen einmal abgesehen, kommt der Phytotherapeut mit einem Drogenschatz von sechzig bis neunzig Pflanzen aus.

Beispiele

W. L., weiblich, 85 J.

beginnende Urämie, massiver Harnverhalt

Rp.

Fruct. Juniperi 60.0
Fruct. Foeniculi
Rad. Liquiritae aa 20.0
M.f.spec. D.S. – 1 Tl. auf 1 Tasse Infus + kurze Nachkochung
– mehrere Tassen tgl.

massive Besserung der angegebenen Beschwerdebilder in kurzer Zeit

I. S., weiblich, 64 j.

Herzrhythmusstörungen

Rp.

Hb. Spatii scop. 30.0
Hb. Leonuri card. 20.0
Fol. Melissae 40.0
Fol. Menthae pip. 10.0
M.f.spec. D.S. – 2 Tl. auf 1 Tasse Aufguss, 10 Min. ziehen lassen
– 2 – 3 Tassen tgl.

Besserung nach kurzer Einnahmezeit

L. S., männlich, 43 Jahre

massiv träger Gallefluss, Druck im Leberbereich, Leberfunktionsstörungen, Roemheldsyndrom

Rp.

Carminativum Hetterich
– 3×25 Tr. tgl. zu den Mahlzeiten
N2
Wythia helenoides LM 12
– 2x2x Tr. tgl.
20.0
Sem Cardui Mariae
Fol. Menthae pip. aa 30.0
 Hb. Millefolii
 Flor. Stoechados  aa 20.0
M.f.spec. D.S. – 1 Tl. auf 1 Tasse Infus, 10 Min. ziehen lassen
– mo. / ab. je 1 Tasse

Telefonat 8 Tage später: massive Besserung

Literatur

Rudolf Fritz Weiß
Lehrbuch der Phytotherapie, Hippokrates Verlag, 1960/1991

Gerhard Madaus
Lehrbuch der biologischen Heilweisen, Band 1 – 11, Mediamed Verlag, 1938/1987

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